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Ganz scheinheilig im Vatikan –  Der Vatikanhügel oder die Villa Barberini in Castelgandolfo? 


Eine der 3 Theokratien Europas, jedoch keine echte: Der Vatikan gibt sich auch ganz weltlich.

Der Gipfel des Colle Vaticano

Auszüge:


„Ich steige den Treppenweg der Rampa del Viale Vaticano hinunter und lande unter der Eisenbahnbrücke an der Via Aurelia vor einem Werbeplakat. Eine Tussi räkelt sich darauf in sexy Unterwäsche, das eine Bein hochgestellt, und gibt folgendes zu bedenken: 'Extreme Plaisir. Si disegna sul tuo corpo e diventa parte di te. Lovable. L’emozione è donna.' Offenbar spendet die Wäsche extremes Vergnügen für die Dame, entworfen auf deinen Körper und Teil von dir geworden. Das Gefühl ist ganz Frau. Liebenswürdig. Man sollte den Papst an diese Stelle führen; wahrscheinlich würde er die siffige Ecke unter der Eisenbahnbrücke als Teil seines Staatsgebiets requirieren wollen, damit die Gläubigen nicht verführt und sündig werden.

Unter der Brücke durch, steige ich die Rampa Aurelia wieder hoch, stoße auf die Via della Stazione Vaticana und kann in einer kleinen Grünanlage neben den Bahngleisen ausruhen.“




„Dienstag. Aufwachen um 7 Uhr 15. Die Schlange der zur Arbeit Strebenden wälzt sich schon wieder den Viale Vaticano herab und hinauf. Ein selbsternannter Parkplatzwächter tritt in Aktion, stellt sein Moped in einer Parklücke ab und schiebt es nur weg, wenn ein Auto in derselben Parklücke Asyl finden will. Gegen Gebühr, versteht sich. Mit Habichtsaugen überblickt er die Szene, stürzt auf freiwerdende Lücken wie auf waidwundes Wild, schiebt sein Moped hinein, wartet auf die nächste Beute. Geschäftig. Großstadtgeier. Er hat keinen Blick für mich, als ich meinen Oberkörper freimache und mich wasche, vor der Vatikanmauer, mitten in Rom, im Nabel der Welt.“



„Die Styropor-Kühlbox unter meiner Matratze drehe ich um neunzig Grad, so daß sie zum Auto quer herausragt. Darauf platziere ich eine leere Margarinedose. Aus dem Fünf-Liter-Kanister fülle ich Wasser in kleinen Portionen in die Dose, tauche den Waschlappen hinein. Ausgedrückt wird der Lappen in die abgeschnittene Colaflasche hinein, die ich so wassersparend spüle. Gelebte Ökologie. Sparsames Wirtschaften ist in Rom Pflicht, denn gestern hat mir ein Tankstellenpächter in Rom noch Wasser von seiner Toilette verweigert – ich solle zu einem öffentlichen Brunnen gehen, meinte er. Doch die sind nicht überall, und wenn man einen finden, dann kann man dort garantiert nicht parken.“



„Das Gebirgsleben hat etwas Menschlicheres als das Leben auf dem flachen Lande, die Bewohner sind einander näher, wenn man will, auch ferner, die Bedürfnisse geringer, aber dringender, der Mensch ist mehr auf sich gestellt, seinen Händen, seinen Füßen muß er vertrauen ...' Der alte Goethe sagte da etwas, was auch auf meinen Übernachtungsplatz am Heiligsten Ort der römisch-katholischen Welt und meine Überlebensmethoden im Großstadtdschungel zutrifft; es ist nicht einzusehen, daß ich nur wegen der lächerlichen Besteigung eines kleinen Hügels drei Nächte teuer in einem Hotel verbringe. Auf der anderen Seite der Straße marschiert ein Kardinal mit lila Käppchen seinem Nachtquartier entgegen; er hat der Heiligsprechung beigewohnt. Ein junger Mann trägt ihm die Aktentasche; der Kardinal voraus, der Diener drei Meter hinter ihm.“



„Um 9 Uhr bin ich an der Reihe beim Büro für Permessi Speciali. Mein Name wird in den Computer eingegeben. Ich bin Nummer 38 in der Reihe der Reservierungen für die Spezialführungen durch die Vatikanischen Gärten. 'Not today, tomorrow' bescheidet der Beamte. 'Why not today?' 'Today full.' Der Beamte wendet sich ab, sucht seine Gazetta dello Sport, um zu sehen, wie AS Rom gespielt hat. 'When tomorrow?' 'I have to check.' Der Beamte möchte so früh am Morgen nicht gestört werden. 'Can you check now?' Er sucht wieder im Computer. '10:30 tomorrow. You have to make reservation.' Er greift wieder nach der Gazetta. 'Can I make reservation now?' Der Beamte seufzt. So viel Hartnäckigkeit kann nur ein Teutone zeigen. 'What is your family name?' 'Ese – se – atsche – a – u – be, Schaub.' Schließlich drückt er die Enter-Taste. Der Computer fängt an zu denken. Spuckt ein Ticket mit der Nummer 38 aus. 'Tomorrow you come 10 o’clock, to the exit. They let you in quickly and you do not have to wait a second time.' Endlich wird der Beamte warm. Ein intelligenter Vorschlag. Noch nie war ich dem Ziel, dem Monte Vaticano so nahe. Noch nie hat es mir ein Berglein, ganze 75 Meter hoch, so schwer gemacht.“



„Ich biege in die Via Pio XI. ein, wandere an dem 'Italienischen Garten' vorbei, dessen dekorative, säuberlich geschnittene Buchsbaumhecken geometrisch-symmetrisch Rasenflächen und Blumenrabatte einrahmen. Papageien krächzen in den alten Kiefern. Vierzig Papageien gefällt es im Park so gut, daß sie hier bleiben und nicht in das quirlige Rom auswandern wollen. Mir fängt es langsam auch an zu gefallen. Da, um ein Gebäude herum, stoße ich auf meine Adelaide mit ihrer Gruppe.

Mißbilligend schaut sie mich an: 'Where have you been?'  Was weiß ich, wo ich war; ich habe keine Lust, ihr zu erklären, daß ich mein 'Staatsziel' erreicht habe und daß mir alles andere herzlich egal ist. So stammle ich irgendeine Entschuldigung und schaue unter mich. Doch das ist nicht alles.

Das Auto, das mich verfolgt hatte, war an das Wachhäuschen neben am Weg herangefahren. Der Polizist, der im Wachhäuschen gestanden war, löst sich, schreitet auf unsere Gruppe zu. Laut spricht er seinen Unwillen aus, auf italienisch. Ich kann verstehen, daß es ihm sehr ernst ist. 'Capito?' beendet er seine Rede. Adelaide übersetzt: 'Sie müssen unbedingt bei der Gruppe bleiben. Wenn Sie noch einmal sich entfernen, müssen Sie gehen.“




Villa Barberini in Castelgandolfo. Zwar ist das exterritoriale Gebiet des Vatikan bedeutend höher als das "Kerngebiet", jedoch ist dies staatsrechtlich italienisches Hoheitsgebiet.


Some of the story in English:
http://www.summitpost.org/view_object.php?object_id=685435&confirm_post=12




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