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Was ist eine Kolonie?

Synonyme: abhängiges Gebiet, Dependenz

Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon für das deutsche Volk, 1841:  

„Colonien, Ansiedelungen und Niederlassungen, werden Orte und Länder genannt, wo fremde Ankömmlinge sich niedergelassen haben, die davon die Namen Colonisten, Ansiedler und Pflanzer, erhalten. Die Veranlassung dazu kann eine freiwillige, vielleicht von der Hoffnung auf erleichterten Lebensunterhalt bedingte, oder eine nothgedrungene, wie z. B. bei den im 17. Jahrh. wegen Religionsbedrückungen auswandernden Franzosen, von denen auch in Deutschland Colonien angelegt wurden, oder auch eine gezwungene sein, wie bei aus ihrem Vaterlande Vertriebenen oder Verbannten. Es kann aber auch einem Staate vortheilhaft erscheinen, einen Theil seiner Bürger zur Anlegung eines Tochterstaates abzuschicken, der dann wie eine Provinz des ältern oder Mutterstaates anzusehen ist. In einem unbewohnten, noch keinem Staate angehörenden Gebiete bedarf es natürlich keiner Erlaubniß zur Gründung einer Niederlassung, innerhalb der Grenzen eines Staates aber wird die Bewilligung und das etwaige Grundeigenthum durch Verträge, Kauf, Schenkung oder Gewalt erworben. Die meisten Colonien sind von jeher durch seefahrende und erobernde Völker in herrenlosen oder in eroberten Gebieten angelegt worden. [...]
Bis Ende des 18. Jahrh. hatte man bei der Verwaltung der Colonien nur die Bereicherung des Mutterlandes im Auge, dem man auch den alleinigen Verkehr mit denselben zu sichern suchte. Ja dieser wurde sogar ausschließlich bevorrechteten Handelsgesellschaften überlassen, die durch willkürliche Preise der beiden Theilen nur von ihnen zugeführten Bedürfnisse beide bevortheilten und doch selbst nicht dabei gewannen, weil die Verwaltungskosten und nur zu oft der Betrug ihrer Beamten ihren Gewinn noch überstiegen. Dabei wurden die Eingeborenen meist wie Sklaven betrachtet, und wo es deren nicht genug gab, unglückliche Neger aus Afrika eingeführt, was auch noch hier und da geschieht, ungeachtet sich alle christliche Mächte zur Unterdrückung des Sklavenhandels verbunden haben.“

Meyers Konversations-Lexikon, 1890:  


„Im allgemeinen zusammenhängende Ansiedelungen, besonders solche, deren Angehörige (Kolonisten, vom lateinischen colonus, „Feldbauer, Ansiedler“), sei es auf Grund staatlichen Schutzes durch das Mutterland oder sei es durch eigne freie Bethätigung ihrer sozialen Lebenskraft, ihre Stammeseigentümlichkeiten, Sitten, Gebräuche etc. bewahren. Hierdurch unterscheidet sich die Koloniengründung von der Auswanderung ...“

Aus dem Online-Lexikon Wikipedia:  

Als Kolonie (von lateinisch colere, d. h. ursprünglich "bebauen" im Sinn von "Land bestellen") bezeichnet man in der Neuzeit ein auswärtiges abhängiges Gebiet eines Staates ohne eigene politische und wirtschaftliche Macht.
Begrifflich hängt Kolonie eng mit Kolonisation zusammen. Bei der Kolonisation handelt es sich im Kern um eine Landnahme. Die Kolonie ist daher in einem weiteren Sinne ein Personenverband in einem Gebiet außerhalb des angestammten Siedlungsgebietes. Im Bereich der Politik wird damit außerdem eine politische Abhängigkeit zum "Mutterland" verbunden.
Die Bildung von Kolonien ist ein wesentliches Instrument der Machtausdehnung imperialistischer Staaten
.

 

"Mutterländer" und Kolonialgebiete 1945.
Antiker Koloniebegriff
Kolonien im ursprünglichen Sinn der Pflanzstadt gab es schon in der Antike. So wurden besonders von den griechischen Städten etliche Kolonien im Mittelmeerraum (z.B. Syrakus auf Sizilien und im Gebiet des Schwarzen Meeres gegründet. Diese wurden von den Mutterstädten politisch unabhängig, blieben aber über Handelsbeziehungen und religiöse Kontakte eng mit den Mutterstädten in Griechenland verbunden.
 
 
Formen der Expansion
 
Um den Begriff richtig einordnen zu können, ist es also erforderlich, zunächst die verschiedenen Formen der Expansion darzustellen, die dem Koloniebegriff benachbart sind und von denen er abzugrenzen ist:
  • Die Totalemigration, also der Exodus. Völker verlassen ihre Heimat und besetzen ein anderes Gebiet, ohne dass ein steuerndes Zentrum in der alten Heimat zurückbleibt: Völkerwanderungszeit, Auswanderung der Kap-Buren in den Oranje-Freistaat und nach Transvaal in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
     
  • Die Individualemigration, die klassische Auswanderung. Sie geschieht in der Regel aus wirtschaftlichen oder weltanschaulichen Gründen. Im Gegensatz zur Totalemigration bleiben die zurückgebliebenen Gesellschaften intakt. Die Emigranten schaffen keine neuen Kolonien mit Abhängigkeitsverhältnis, sondern werden in die aufnehmenden Gesellschaften eingegliedert. Dort bilden sie häufig Enklaven in der neuen Gesellschaft: Chinatowns in amerikanischen Städten, Hugenotten-Auswanderung oder die Umsiedlung von Afrikanern im Zuge des Sklavenhandels.
     
  • Die Grenzkolonisation. Die Erschließung von Land für die menschliche Nutzung, das Verlagern der Kulturgrenze in die Wildnis. In aller Regel ist damit keine Bildung selbständiger politischer Einheiten verbunden: Ausdehnung der Ackerbauzonen auf Kosten der Hirtenvölker Innerasiens durch die Han-Chinesen im 19. und frühen 20. Jahrhundert, die Erschließung des amerikanischen Kontinents von der Ostküste und die Erschließung des asiatischen Rußlands seit dem späten 19. Jahrhundert.
     
  • Die Überseeische Siedlungskolonisation. Mit "Überseeisch" ist nur die Trennung vom Mutterland durch eine größere Entfernung über ein Meer gemeint: Die Anfänge der englischen Besiedlung Nordamerikas (Plantations); sie strebten nach Autarkie. Das Land wurde für herrenlos gehalten. Die einheimische Bevölkerung wurde nicht unterworfen und zu Untertanen gemacht, wie in den spanischen Besitzungen in Amerika, sondern gewaltsam zurückgedrängt. Die Lebensräume blieben getrennt.
     
Man unterscheidet drei Typen:
    • Typ I: Der neuenglische Typ. Eine agrarische Einwandererbevölkerung besiedelt mit eigenen Kräften ein Land und drängt die einheimische Bevölkerung zurück: Nordamerika.
       
    • Typ II ist hauptsächlich in Afrika vertreten. Eine Siedlerminderheit unterwirft sich eine bereits intakte Ackerbaugesellschaft, übernimmt deren Landbesitz und beschäftigt die vorherigen Herren als Knechte weiter. Dabei bleibt man von der einheimischen Bevölkerung abhängig. Autarkie wird nicht angestrebt, was zur prinzipiellen Instabilität führen muß: Algerien, Kenia, Rhodesien.
       
    • Typ III: Die von wenigen Einwanderern durch Sklaven betriebene Plantagenwirtschaft: Karibik.
       
  • Die Reichsbildenden Eroberungskriege sind die römische Form der Expansion. Ein Volk unterwirft ein anderes. Machtzentrum bleibt die Hauptstadt des Mutterlandes. Das muß aber nicht in ein beständiges Einheitsreich münden. Die arabisch-muslimische Expansion im 8. Jahrhundert führte schnell zu selbständigen Machtzentren. Das gleiche gilt für das Reich Dschingis Khans. Das britische Empire entwickelte sich zu drei politisch unterschiedlichen Gebilden, den "white Dominions", den Kolonien ("Dependencies") und dem Kaiserreich Indien. Im allgemeinen wurde die bestehende gesellschaftliche und innenpolitische Organisation beibehalten und den Bedürfnissen angepaßt. Die Ausrottung der Oberschicht mit der Zerschlagung des vorhandenen Herrschaftssystems, wie es durch die Spanier bei der Invasion in Mexiko geschah, ist die Ausnahme. Das Hauptaugenmerk war auf die wirtschaftliche Ausbeutung durch Tributerhebung gerichtet. Deshalb wurde so schnell wie möglich eine neue Steuergesetzgebung eingeleitet. Selten folgte der Eroberung eine Siedlungsaktivität (z.B. in Teilen des römischen Reiches, in Irland oder in Algerien). Indien ist hingegen das klassische Beispiel für eine moderne Kolonialherrschaft ohne Kolonisation.
     
  • Die Stützpunktvernetzung ist eine besondere Form der maritimen Expansion, bei der militärisch geschützte Handelszentren gebildet werden. Von diesen geht in aller Regel keine Kolonisation des Hinterlandes und auch keine weiträumige militärische Landnahme aus. Der Zweck ist die Sicherung der Handelshegemonie. Beispiele sind die Handelsstützpunkte Genuas im Mittelalter, Portugals Handelsstützpunkte in Goa, Macao, Malakka und Mozambique und der Holländer in Batavia, Ceylon, Nagasaki. Im 18. Jahrhundert verschob sich die Bedeutung der Handelsstützpunkte hin zu geopolitischen und militärischen Funktionen. Die englischen überseeischen Stützpunkte wurden zu Flottenstützpunkten (nach 1839 Aden, nach 1801 Alexandria mit Suez, ab 1766 Bermuda, ab 1730 Gibraltar, nach 1814 Kapstadt, ab 1814 Malta. Hinzu kamen die "Hafenkolonien" Singapur und Hongkong. Sie haben sich am längsten erhalten.
Kolonien und ihre Formen
 
Die Vielfalt der Typen von Expansion macht eine Definition der Kolonie schwierig, denn sie muss eng genug sein, um bestimmte historische Situationen wie vorübergehende militärische Besetzung oder die gewaltsame Angliederung von Grenzgebieten an moderne Territorialstaaten (Im Rahmen dieser Buchserie: Elsaß-Lothringen 1871 - 1918) auszuschließen und auch eine unterscheidende Aussagekraft zu erhalten, die bei einer unterschiedslosen Anwendung des Begriffs auf alle Expansionsformen verloren geht. Ganz grob kann man als Minimalgehalt Siedlung oder Herrschaft, als Maximalgehalt Siedlung und Herrschaft ansehen (Lit.: Reinhard S. 2). Osterhammel hat aus all diesen Typen folgende Definition entwickelt, die in der Fachwelt auch akzeptiert wird: Danach ist eine Kolonie
 
 

"ein durch Invasion (Eroberung und/oder Siedlungskolonisation) in Anknüpfung an vorkoloniale Zustände neugeschaffenes politisches Gebilde, dessen landfremde Herrschaftsträger in dauerhaften Abhängigkeitsbeziehungen zu einem räumlich entfernten 'Mutterland' oder imperialen Zentrum stehen, welches exklusive 'Besitz'-Ansprüche auf die Kolonie erhebt" (Lit.: Osterhammel S.16; zustimmend Reinhard S. 348)

 

Somit gibt es drei Hauptformen von echten Kolonien:

  • Herrschaftskolonie: In der Regel ist diese das Ergebnis militärischer Eroberung mit dem Zweck wirtschaftlicher Ausbeutung und der strategischen Absicherung imperialer Politik sowie nationalem Prestigegewinn. Weitere Kennzeichen sind eine zahlenmäßig geringe koloniale Präsenz von Zivilbeamten, Soldaten und Kaufleuten. Diese siedeln dort nicht, sondern kehren nach gewisser Zeit ins Mutterland zurück und werden von anderen Beamten abgelöst. Die Regierung geschieht ausschließliche durch das Mutterland. Dabei haben die nativen Bewohner oft gar keine oder nur verminderte Bürgerrechte. Zudem findet eine eigene und zielgerichtete Entwicklung des Gebietes nicht statt. Die meisten europäischen Kolonien, die zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert gegründet wurden, entsprachen diesem Typus. Im Rahmen dieser Buchserie: Helgoland, Gibraltar.
     
  • Stützpunktkolonie: Sie ist das Ergebnis von Flottenaktionen mit dem Zweck der indirekten kommerziellen Ausbeutung des Hinterlandes und/oder einem Beitrag zur Logistik seegestützter Machtentfaltung und informelle Kontrolle über formal selbständige Staaten (Kanonenbootpolitik). Zu differenzieren ist hier nochmals zwischen dem Typ Militärstützpunkt und Handelsstützpunkt. Im ersten Fall bilden Soldaten zuerst einen Stützpunkt, an den es im Laufe der Zeit auch Siedler zieht. Mit anderen Worten: "Der Handel folgt der Flagge". Umgekehrt ist der Entstehungsprozeß im zweiten Fall. Hier gründeten Kaufleute Unternehmungen, um den Handel mit entfernten Regionen zu etablieren. Erst im Laufe der Zeit übernahm der Staat die Hoheit über diese Handelskolonien, meist unter der Vorgabe, diese militärisch zu sichern. Auf diese Weise entstanden viele Kolonien an der westafrikanischen Küste, aber auch Niederländisch-Indien. Im Rahmen dieser Buchserie: Grönland.
 
  • Siedlungskolonie: Typischerweise ist dieser Typ das Ergebnis einer militärisch gestützter Siedlungspolitik mit dem Zweck der Nutzung billigen Landes und billiger einheimischer Arbeitskraft, wobei soziale und kulturelle Lebensweisen entwickelt werden, die im Mutterland durchaus in Frage gestellt werden. Siedler aus dem Mutterland sind als ansässige Farmer oder Pflanzer dauerhaft präsent. Diese Kolonisten entwickeln Ansätze zur Selbstregierung unter Mißachtung der Rechte der einheimischen Bevölkerung. Das klassische Beispiel hierfür ist Nordamerika. Im Rahmen dieser Buchserie: Niederländische Antillen, Tristan da Cunha.
     
  • Strafkolonie: Diese dient zur dauerhaften Verbannung von Straffälligen in entlegene Gebiete: Australien, Sibirien und Französisch-Guyana.
     

Die Typen schließen sich nicht gegenseitig aus, vielmehr gibt es Übergangsformen, die nicht eindeutig zuzuordnen sind. Zudem ist eine Entwicklung von einer Kolonieform zur nächsten denkbar. So entwickelte sich aus der Strafkolonie Australien auch eine Siedlungskolonie und aus vielen Stützpunktkolonien z.B. an der afrikanischen Küste wurden Herrschafts- oder Siedlungskolonien.

Kolonien und Dekolonisation
Das in der Charta der Vereinten Nationen 1946 festgehaltene Selbstbestimmungsrecht der Völker eröffnete für die Kolonien den Weg zur Unabhängigkeit durch Dekolonisation. Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen legten dafür 1946 eine Liste an, auf der sie alle abhängigen Gebiete auflisteten. Es blieb jedoch ihnen selbst überlassen, welche Staaten sie meldeten. 1960 definierte die Generalversammlung in Resolution 1541 (XV) als Gebiete, die als Kolonie für die Dekolonisation in Frage kommen, solche, die vom Mutterland geographisch getrennt liegen sowie ethnische und/oder kulturelle Unterschiede aufweisen.
 
 
Literatur
 
  • Francis Bacon: Of Plantations [1625]. In: The Assays (John Pitcher Hrg.) Harmondsworth 1985, S. 162 ff.
     
  • Jürgen Osterhammel: Kolonialismus. Geschichte Formen Folgen. München 2003 3. Auflage. Kap. I.
     
  • Wolfgang Reinhard: Kleine Geschichte des Kolonialismus. Stuttgart 1996.